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Joachim B. Schmidt: Tell (Diogenes, 2022)

Worum geht’s?

Wir kennen die Geschichte: Ein Mann, ein Pfeil, ein Apfel. Doch Schmidt, ein nach Island ausgewanderter Schweizer, erzählt sie neu und holt den Schweizer Nationalhelden gehörig vom Sockel. Hier verweigert sich Tell nicht der Ehrbezeugung, er hat ganz einfach nicht mitgekriegt, dass er sich vor dem Hut hätte verbeugen sollen. Tell ist ein überforderter Bergler, ein Eigenbrötler. Er hat in der Jugend ein Trauma erfahren (diesen Strang fand ich etwas überflüssig), er fühlt sich mitschuldig am Tod seines Bruders und kämpft täglich um den Lebensunterhalt für seine Familie. Diese besteht aus seiner Frau (die Witwe seines Bruders), zwei Knaben, einer Tochter, seiner Mutter und seiner Schwiegermutter. Schmidt bringt also auch Frauenpower in die Sage.

 

Was mir am Buch besonders gefällt

Der Verzicht auf eine Einteilung in Gut und Böse. Mit Gessler bekam ich sogar richtig Mitleid. Der einzige klare Bösewicht ist Harras, Gesslers rechte Hand. Er ist auch der einzige, der sich durch seine grobe Sprache von den andern abhebt.

 

Wem ich das Buch empfehlen würde

Etwas schade fand ich, dass ausser Harras alle, ob Priester, Grossmutter oder Kind, eine ähnlich geschliffene Sprache sprechen. Trotzdem finde ich das Buch empfehlenswert für Menschen, die Geschichte lieben und Mythen und Sagen auch mal kritisch hinterfragen.

 

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